Trends im Bereich Flottenversicherung
AFC im Interview mit Prof. Dr. Uwe Gail
Professor an der Hochschule Coburg, Fachanwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht
Prof. Dr. Uwe Gail (LL.M.) begann seine Tätigkeit vor mehr als 20 Jahren als Rechtsanwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht. 2005 ist Prof. Dr. Gail als Dozent tätig. Die Hochschule Coburg berief ihn 2014 zum Professor für Versicherungsstudiengänge. Durch seine vielseitigen, vertrieblichen Stationen kennt er neben der juristischen auch die praktische Sichtweise. Im Rahmen unserer regelmäßigen Versicherungsweiterbildungen haben wir mit Prof. Dr. Uwe Gail ein Interview geführt. Erfahren Sie mehr über das Zusammenspiel von Daten, technischer Entwicklung und daraus resultierender Trends im Bereich der Kfz-Flottenversicherungen.
Herr Professor Gail, aktuell drängen weltweit sogenannte InsurTechs mit neuen Produkten in den Kfz-Versicherungsmarkt. Auch in Europa ist zu beobachten, dass etablierten Versicherer eigene digitale Versicherungen gründen oder zukaufen. Gibt es in Deutschland schon neue Ansätze oder Produkte für die Kfz-Versicherung im Flottenbereich?
Bislang sind Telematiktarife im Wesentlichen nur bei Privatkunden im Einsatz. Ich denke aber, dass eine Auswirkung des Fahrverhaltens auf den Beitrag auch bei Flottenversicherungen in Zukunft eine Rolle spielen kann. Wobei wir hier beim aus meiner Sicht wesentlichsten Thema sind: den Fahrzeugdaten. Hier ist ein „Kampf“ zwischen den Autoherstellern und den Versicherern entbrannt, wem diese gehören und wie man sie nutzen darf. Wenn das einmal geklärt ist (im Gespräch ist eine Treuhänderlösung) dann ergeben sich völlig neue Perspektiven, auch für die Flottenversicherung. Denn durch einen Zugriff auf Fahrzeugdaten können die Dienstleister der Zukunft völlig neue Services anbieten, die bislang den Herstellern vorbehalten sind. Gerade im Flottenversicherungsbereich wird dies viele neue Möglichkeiten für ein 30-Grad-Geschäft, bzw. ein „Ökosystem Mobilität“ schaffen.
Dem deutschen Auto- und Mobilitätsmarkt stehen in Zukunft eine Vielzahl an Veränderungen bevor. Viele inkrementelle Innovationen wie Spurhalteassistenten oder gar disruptive Technologien wie z. B. Autopiloten finden Einzug in Serienfahrzeuge. Wie bereiten sich deutsche Kfz-Versicherer auf die anstehenden Veränderungen vor und was für Auswirkungen hat das auf den Markt der Kfz-Versicherung?
n der Tat: neben einem veränderten Nutzungsverhalten wird sich auch die Technik in den Fahrzeugen der Zukunft massiv verändern. Für die Kfz-Versicherer wird dies zum einen auf der Schadenseite zu Veränderungen führen: viele der heute häufig vorkommenden Schäden wird es kaum noch geben (z.B. der klassische Auffahrunfall), dafür werden neue Anforderungen hinzukommen. So wird man in Zukunft durch die Technik in den Fahrzeugen den Schadenhergang viel besser aufklären können, da Fahrzustände wie Geschwindigkeit, Lenkwinkel etc. gespeichert sind. Zudem wird die Technik neue Schäden hervorbringen, z.B. durch den Ausfall von Systemen, Falschprogrammierungen oder auch Hackerangriffen auf Fahrzeuge.
Vermutlich wird der Kfz-Versicherer der Zukunft viel enger mit Fahrzeugherstellern, Zulieferern und Produkthaftpflichtversicherern zusammenarbeiten, wobei die Anzahl der Schäden abnehmen wird.
Welche weiteren Trends und Entwicklungen sehen Sie als Experte im Versicherungswesen?
Ich glaube, dass der Versicherungskunde der Zukunft sich noch weniger mit dem Kfz-Versicherungsprodukt beschäftigen möchte. Er wird Interesse an einer einfachen, schnell verfügbaren und ökologischen Mobilität zum günstigsten Preis haben, wobei im Idealfall die Versicherung im Angebot enthalten ist. Daher gehe ich davon aus, dass es immer mehr in Richtung Gesamtangebot gehen wird, also Fahrzeug incl. Versicherung, Wartung, Rücknahme etc., sowohl im Privatkundenbereich, wie auch bei Flotten.
Viele Fuhrparks suchen nach Lösungen, um dem jährlichen Anstieg der Versicherungsprämien zu entgehen. Welche Möglichkeiten der Kostenoptimierung sehen Sie im aktuellen Umfeld für Fuhrparkentscheider?
Die Versicherungsprämien im Kfz-Bereich steigen in der Regel, weil bisherige Prämien für den Versicherer nicht mehr auskömmlich sind. Das kann an der Schadenhäufigkeit liegen, aber auch an der Schadenhöhe. Betrachtet man nur diesen Bereich, so würden alle Maßnahmen zur Kostenoptimierung beitragen, welche auch die Kosten für den Versicherer senken, also z.B. Maßnahmen zur Schadenverhütung aber auch, im Falle eines Schadens, ein aktives Schadenmanagement. Durch ein auf den Fuhrpark angepasstes Deckungskonzept, in welchem wiederkehrende Schäden in die Eigendeckung genommen werden, können die dafür anfallenden Versicherungsprämien und -steuern signifikant gesenkt werden. Weiterhin könnten aber Kostensteigerungen bei Versicherungsprämien auch über Kostensenkungen in anderen Bereichen kompensiert werden. Dabei denke ich an die Senkung von Personalkosten durch eine kostengünstigere Verlagerung an Drittdienstleister aber auch durch günstigeren Einkauf (z.B. bei der Fahrzeugbeschaffung aber auch bei der Wartung).